Zum Hauptinhalt springen Zur Suche springen Zum Menü springen
Burgundischer Weinberg im Herbst
Burgundischer Weinberg im Herbst

Burgund Weine

Die Geburt des Terroirs

„Seit ich begonnen habe, mich mit Wein zu beschäftigen, übt das Burgund von sämtlichen Weinregionen die größte Faszination auf mich aus: da ist einerseits das facettenreiche Mosaik der einzelnen climats, die Weine von ganz unterschiedlichem Charakter hervorbringen. Hinzu kommt die reiche Geschichte, die das Burgund nicht nur zu einem sinnlichen Genuss, sondern überdies zu einem intellektuellen Erlebnis macht. Bei keiner anderen Region können wir unsere önologische Expertise besser zur Geltung bringen als mit unserem Burgund-Sortiment.“ Sébastien Visentin

 




Geographische Lage

Keine andere Weinregion vermag uns in solch olfaktorische Verzückung versetzen wie das Burgund. Nirgendwo sonst wachsen Kreszenzen, die gleichermaßen graziös über den Gaumen tänzeln oder auf der Zunge zu schmelzen scheinen. Aber in keiner anderen französischen Weinregion fällt eine erste Orientierung im Labyrinth der zahllosen Appellationen schwerer. Und nirgendwo sonst kann die Enttäuschung über ein geöffnete Flasche Wein herber - und kostspieliger - ausfallen als im Burgund.

Die Ursachen hierfür gründen allererst in dem Umstand, dass Burgund kein homogenes Anbaugebiet bezeichnet, sondern ursprünglich der Name einer historischen Provinz ist, die einst das reichste der französischen Herzogtümer war. Die mit knapp 29.000 Hektar Rebfläche vergleichsweise kleine und eher bäuerlich geprägte Weinregion erstreckt sich über eine Länge von 230 Kilometer von Chablis im äußersten Norden bis zum Beaujolais um die Stadt Lyon im Süden.

 

Karte Burgund

 

Burgundische Unterregionen

Und hier zeigen sich schon die ersten Probleme bei dem Versuch, die Region über einen Kamm scheren zu wollen: Das Chablis mit seinen 4.200 Hektar liegt gerade einmal rund 30 Kilometer von der Champagne entfernt, der kältesten Weinregion Frankreichs, aber knapp hundert Kilometer vom restlichen Burgund. Und auch wenn das burgundische Klima allgemein als kontinental beeinflusstes Klima mit kalten, langen, zumeist trockenen Wintern und maritimen, niederschlagsreichen Einflüssen im Frühling und Herbst, sowie mediterran beeinflussten, kurzen Sommern beschrieben werden kann, fällt es im Chablis rauer und stärker vom Atlantik beeinflusst aus als in den restlichen Unterregionen. Spätfröste und Hagel bedrohen stetig den Leseerfolg. Und hier werden ausschließlich Weißweine aus der Rebsorte Chardonnay produziert, die sich durch frische Säure und eine ausgeprägte Mineralität auszeichnen.

Wohingegen das nächste burgundische Dorf – wie gesagt: dazwischen liegen fast hundert Kilometer – vor allem für seine Rotweine aus der Sorte Pinot Noir berühmt ist. Hier, südlich an Dijon angrenzend, beginnt jener Tei des Burgunds, den viele als sein Herz betrachten – die Côte d’Or. Und um die Besonderheit dieses Gebietes zu verstehen, müssen wir ein wenig zurückblicken.

Während des Erdzeitalters des Jura vor rund 200 bis 150 Millionen Jahren lag das gesamte Burgund am Grunde eines flachen Meeres, dessen Boden nach und nach von Myriaden abgestorbener Austern und Seelilien bedeckt wurde, die sich im Laufe von Millionen Jahren zu Kalkstein verhärteten. Das Meer zog sich zurück. Und als dann im Tertiär vor rund 50 Millionen Jahren die Dinosaurier ausstarben und sich aufgrund der Kollision von Indischer und Eurasischer Erdplatte u.a. die Alpen auftürmten, kam es auch im heutigen Burgund zu tektonischen Verschiebungen. Dabei erhob sich zwischen den Ebenen der Saône und der Bresse eine rund 300 Meter hohe Abbruchkante, die sich über knapp 50 Kilometer von Dijon im Norden in südsüdwestliche Richtung zieht und die tiefer liegenden Kalksteinböden wieder ans Tageslicht brachte. Diese Abbruchkante unterlag in der Folge Erosions- und Verwitterungsprozessen. Das Erdreich mischte sich mit anderen geologischen Formationen und nach und nach wurde jener Hang geformt, dem die Weinwelt eine Verehrung entgegengenbringt wie kaum einem anderen Ort, an dem Wein wächst.

Auch wenn der angesprochene Kalkstein im Burgund stets mit ihm Spiel ist, können sich hier die geologischen Gegebenheiten innerhalb weniger Meter ändern, was einen nachhaltigen Einfluss auf den produzierten Wein hat, dessen Reben über 20 Meter tief im Boden wurzeln. Um sich davon zu überzeugen, reicht es, verschiedene Weine desselben Jahrgangs aus verschiedenen Lagen der gleichen Domaine nebeneinander zu probieren. Auch wenn alle Weine auf die gleiche Weise vinifiziert wurden, die Unterschiede hinsichtlich des Gewichts, der Textur, der Länge und des aromatischen Profils können erheblich ausfallen.

Blick über die Weinberge des Burgunds

Neben der Bodenformation ist die Exposition der Rebgärten ein weiteres wichtiges Kriterium für die Qualität des produzierten Weins. Im nördlichen Teil dieser 50 Kilometer-langen Abbruchkannte, der 20 Kilometer langen Côtes de Nuits mit rund 1.500 Hektar, sind die besten Weinlagen gen Osten ausgerichtet. Dank ihres Neigungswinkels werden die Sonnenstrahlen wie in einem astronomischen Hohlspiegel eingefangen. Geschützt vor kalten Westwinden kann so die Morgensonne die Böden erwärmen und garantiert, dass die hier vorherrschenden Pinot-Noir-Trauben in diesem Randklima voll ausreifen, bevor die kalten und feuchten Herbsttage beginnen. Dies ist nicht zuletzt deshalb bedeutsam, weil wir uns in der nördlichsten und kühlsten Region der Welt befinden, in der Rotweine von Rang wachsen. Und Rotweine aus den Grand Cru-Lagen - von denen in der Côtes de Nuits 22 von insgesamt 32 im gesamten Burgund liegen – gehören mitunter zu den gesuchtesten und teuersten Weinen der Welt.

Im südlichen Bereich der Côtes d’Or, in der Côte de Beaunes mit rund 1.500 Hektar, schwenkt die Exposition der Weinberge Richtung Süden, teilweise sogar Richtung Westen und der Neigungswinkel der Côte wird flacher. Rechtwinklig zur Abbruchkannte lockern vermehrt Seitentäler die Landschaft auf und sorgen für ein ausgeglicheneres Klima. Auch hier wachsen zum Großteil Rotweine aus Pinot Noir, die in der Regel weicher und zarter ausfallen als die Roten von der Côtes de Nuits. Vor allem aber werden die Dörfer Meursault, Puligny-Montrachet und Chassagne-Montrachet für ihre Weißen aus der Rebsorte Chardonnay gerühmt. Sieben der acht burgundischen Grand Cru-Lagen für Weißweine finden sich hier.

Westlich von der Abbruchkante der Côte, erstreckt sich ein hügeliges Hochplateau in 300 bis 400 Meter Höhe über dem Meeresspiegel – die Hautes Côtes von Nuits und Beaune. Lange Zeit galten diese Gebiete als zu kühl für große Weine. Die Trauben reifen hier rund eine Woche später aus als an den Hängen der Côtes. Aber die Erderwärmung spielt diesen Appellationen in die Karten. Nicht mehr nur in den sehr heißen Jahren entstehen hier Weine von authentischem Côte d’Or-Charakter.

Südlich von der Côtes de Beaune verwandelt sich die von Seitentälern durchbrochene Abbruchkante in eine Hügellandschaft mit Rebgärten in südöstlicher Ausrichtung. Wir befinden uns in der 35 Kilometer langen Côte Chalonnaise mit rund 2.400 Hektar Rebfläche. Der in der Côte d’Or teilweise nur wenige hundert Meter schmale Rebgürtel wird hier breiter und zieht sich an den Hügelhängen höher hinauf. Die Reben-Monokultur der Côte wird durch Obstgärten, Weiden und Haine aufgelockert. Auch hier erbringt das Gros der Rebstöcke Rotweine aus Pinot Noir, der besonders gute Bedingungen auf den braunen Kalkböden um die Dörfer Givry und Mercurey findet. Die Mergelböden um Rully und Montagny eignen sich besonders für Chardonnay. Die höheren und steileren Hänge um das Dorf Bouzeron bieten beste Voraussetzungen für die weiße Rebsorte Aligoté. Zudem befindet sich in der Côte Chalonnaise eines der Zentren der burgundischen Crémantproduktion.

Und auch wenn die Weine der Côte Chalonnaise oft nur wenig schmeichelhaft als fest, stämmig, rau oder mager beschrieben werden, finden sich hier Weine, die in anderen Regionen zweifelsohne zu den Superstars gehören würden. Aber von der Côte d’Or kommend fallen önologische Urteile strenger als gewöhnlich aus. Und dies, obwohl beispielsweise die Weißen aus Montagny zu den Weinen mit dem besten Preis-Genuss-Verhältnis im Burgund gehören.

Südlich an die Côte Chalonnaise grenzt das Mâconnais, die mit fast 7.000 Hektar Rebfläche größte Unterregion des Burgunds, das hier in den südfranzösischen Kulturkreis übergeht. Die geringeren Niederschlagsmengen im Mâconnais lassen sich bereits an der flacheren Neigung der Hausdächer ablesen. Auch die Wärme des Südens wird deutlicher spürbar. Deshalb geraten die Weine, die zum weitaus größten Teil aus der Rebsorte Chardonnay gekeltert werden, gemeinhin voll und kräftig. Mit ihrer saftigen und cremigen Opulenz sind sie weit mehr als Alternativen zu den Chardonnays aus der Neuen Welt. Die besten Weine wachsen einerseits auf dem schmalen Kalksteinstreifen, der sich im Zentrum des Mâconnais durch die Dörfer Clessé und Viré zieht, sowie auf den Ausläufern des Massif Central im äußersten Süden der Region, westlich des Städtchens Mâcon, wo die Weinberge Höhen bis über 400 Meter erklimmen. Hier befindet sich auch die berühmteste Appellation des Mâconnais: die AOC Pouilly-Fuissé.

Südlich an das Mâconnais grenzt das Beaujolais, das weinrechtlich noch zum Burgund gehört. Da sich das Beaujolais aber hinsichtlich der Böden, der Rebsorte, der Vinifkation und der Weinphilosophie grundlegend vom restlichen Burgund unterscheidet, soll darauf an anderer Stelle ausführlicher eingegangen werden.

 

Geschichte: Römer, Franken, Mönche

Lange bevor im Burgund Wein angebaut werden, betrieben die Griechen mit den hier lebenden Kelten Handel, wozu auch Wein als Handelsgut gehörte. Dies bezeugt der Krater von Vix - ein Mischkrug für Wein -, der in einem Fürstinnengrab aus dem 6. Jhr. v. Chr. gefunden wurde. Der älteste dokumentierte Weinberg wurde um 100 n. Chr. in Meursault angelegt. Dann erlebte der Weinbau durch die Ankunft der Römer im 3 Jahrhundert n. Chr. eine erste Hausse, wobei sich diese Blüte nicht mit dem römischen Weinbau in Südfrankreich vergleichen lässt, wo die Römer weitaus präsenter waren.

Um 500 n. Chr. heiratete dann der fränkische König Chlodwig I. die burgundische Prinzessin Chrodechild, brachte den größten Teil Galliens unter seine Herrschaft, konvertierte zum Katholizismus und legte mit seiner Krönung das Fundament für ein Frankreich als katholische Nation. In der Folge entwickelte sich das Burgund zum Motor der Katholisierung in Frankreich. Eine herausgehobene Bedeutung kommt in dieser Entwicklung der Benediktiner-Abtei von Cluny im Mâconnais zu. 909 n. Chr. gegründet, wurde das Kloster durch Landschenkungen zum größten Grundbesitzer im Burgund und zur wohlhabendsten Abtei in ganz Europa. Die Kathedrale von Cluny war bis zur Errichtung des Petersdoms im Vatikan der größte Kirchenbau der Christenheit.

Das Motto der Benediktiner lautet „Ora et labora“ – Bete und arbeite! Und so machten sich die Mönche daran, die Hänge des Burgunds – vor allem im Mâconnais, aber auch in den nördlicheren Regionen – zu bestocken und Wein zu keltern. Eine kleine Gruppe von Mönchen aber lehnte den irdischen Reichtum der Abtei von Cluny ab und entschied, sich wieder auf die ursprünglichen Regeln der monastischen Kontemplation und gottesfürchtigen Demut zu besinnen. 1098 n. Chr. gründeten sie die Abtei von Cîteaux, das Mutterkloster der Zisterzienser. Und auch die Zisterzienser widmeten sich – neben dem Gebet – dem Weinbau und begannen die Hänge der Côte d’Or zu bestocken. Dabei vermaßen sie die Weinberge, observierten ihre Parzellen minutiös, notierten ihre Beobachtungen und entwickelten die Weinbereitungsmethoden stetig weiter.

Dabei fiel den Mönchen zunächst auf, dass die Weine vom unteren Abschnitt des Hangs, wo die Böden schwerer, lehmiger und schlechter drainiert sind als im obersten Teil des Hangs, weitaus weniger eindrucksvoll ausfielen. Die erstgenannten Weine nannten sie Cuvée des moines (Mönchsweine), während sie die Weine vom obersten Teil des Hangs Cuvée des cardinals (Kardinalsweine) tauften. Und die Weine aus der Mitte des Hangs, wo zu den kargen, gut drainierten Böden noch der optimale Neigungswinkel zur Sonne hinzukam, ergaben die Cuvée des papes – Weine, die eines Papstes würdig waren. Zudem fiel ihnen auf, dass die Weine bestimmter Parzellen innerhalb der einzelnen Hangzonen eine besondere Qualität erbrachten und einen unverkennbaren Charakter aufwiesen, der sich kontinuierlich durch die unterschiedlichen Jahrgänge zog. Auf diesen Beobachtungen aufbauend unterschieden die Mönche einzelne climats und erschufen so über Generationen und Jahrhunderte die Idee des Terroirs – jenes unverkennbaren Ausdrucks des an einem konkreten Ort gewachsenen Weins als Summe einzigartiger geologischer und mesoklimatischer Gegebenheiten und der traditionell überkommenen Weinanbau- und Weinbereitungsmethoden. Diese Beobachtungen lieferten das Fundament für die erste systematische Klassifizierung der Côte d’Or-Lagen durch Jules Lavalle in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, auf der wiederum das heutige burgundische Appellationssystem basiert.

 

Kleine burgundische Etikettenkunde

Jede der rund einhundert burgundischen Appellationen verfügt über eigene Vorschriften hinsichtlich der Reberziehung, der Bestockungsdichte, der Ertragsmenge, der Rebsorten, des Alkoholgehalts, der Vinifikation und zu zahlreichen weiteren Aspekten. Dennoch fällt eine erste Orientierung im weiten Meer der burgundischen Appellationen vergleichsweise leicht. Grundsätzlich können vier Gruppen unterschieden werden, die in einem hierarchischen Verhältnis zueinanderstehen.

Die erste und niederste Gruppe bilden die Regional-Appellationen, die etwas mehr als die Hälfte der burgundischen Weinproduktionen ausmachen. Hierzu gehören beispielsweise Die AOCs Bourgogne Pinot Noir, Crémant de Bourgogne, Hautes Côtes de Nuits  oder Coteaux Bourguignons. Bei der erstgenannten Appellation handelt es sich um einen Rotwein aus der Sorte Pinot Noir, dessen Trauben aus der gesamten Großregion Burgund stammen können. Ganz unabhängig davon, wo im Burgund die produzierende Domaine ihren Sitz hat. Anders liegt der Fall bei der AOC Hautes Côtes de Nuits, in der sowohl Weiß-, wie Rosé- als auch Rotweine aus den Rebsorten Chardonnay oder Pinot Noir zugelassen sind. Die Trauben für diese Weine müssen von dem Plateau westlich der Côte de Nuits stammen. Auch beim AC Coteaux Bourguignons kann es sich um einen Weiß-, Rosé oder Rotwein handeln, dessen Trauben wieder aus der gesamten Großregion Burgund stammen können. Allerdings sind in diesem Falle nicht nur Chardonnay und Pinot Noir als Rebsorten zugelassen, sondern es dürfen auch Rebsorten wie Aligoté und Gamay verwendet werden.

 

Qualitätspyramide Burgund

 

Die zweite Gruppe, die rund ein Drittel der burgundischen Weinproduktion ausmacht, bilden die kommunalen oder sogenannten Village-Appellationen. Bei diesen Weinen erscheint auf dem Etikett der Name der Gemeinde, aus dem die Trauben stammen müssen. Chablis, Volnay, Rully, oder Pouilly-Fuissé sind Beispiele für diese Weine, bei denen das Burgund äußerst spannend zu werden beginnt, seine spezifischen Terroir-Charakteristika offenbart und bei der versierten Weintrinkerin eine bestimmte Erwartung hinsichtlich des Stils, der Textur und des Gewichts eines Weins weckt.

Dass sich übriges nicht alle Dörfer unter dem auf dem Weinetikett angegeben Namen auf einer Landkarte finden lassen, liegt an der Neigung der burgundischen Gemeinden aus Gründen des Prestiges den Namen berühmter Weinbergslagen in der Appellationsbezeichnung an den Dorfnamen anzuhängen. Und da beispielsweise die ruhmreiche Weinbergslage Le Montrachet in den beiden Gemeinden Puligny und Chassagne liegt, heißen die entsprechenden Village-Appellationen Puligny-Montrachet und Chassagne-Montrachet. Sobald sich auf einem burgundischen Weinetikett also zwei mit einem Bindestrich verbundenen Namen befinden, stehen die Chancen gut, dass es sich um einen Village-Wein (oder mehr) handeln könnte.

Stammen die Trauben allesamt aus einer bestimmten Parzelle - einem sogenannten Lieu-dit - kann deren Name zusätzlich auf dem Weinetikett angegeben werden. Dies gilt allerdings auch für die Regional-Weine. Während wir es bei einem Bourgogne Hautes Côtes de Beaune „Champs Perdrix“ blanc mit einem Chardonnay zu tun haben, dessen Trauben aus einer bestimmten Lage vom Hochplateau östlich der Côte d’Or stammen – einem Regionalwein also -, ist hingegen ein Marsannay Blanc „Les Champs Perdrix“ ein Village-Wein aus der Sorte Chardonnay, der aus dem nördlichsten Dorf der Côte de Nuits stammt. Dass die Produzenten ihren Wein zudem auf einen beliebigen Namen taufen können – so bezieht sich z.B. der Name 18 Lunes nicht auf einen Lieu-dit, sondern auf die Zeit, die der Wein auf der Hefe ausgebaut wurde -, macht die Lektüre der Etiketten zugegebenermaßen nicht leichter.au

Die dritte Gruppe in der burgundischen Qualitätshierarchie bilden die Premier Crus. Über 600 Einzellagen im Burgund tragen aktuell diese Bezeichnung. Sie machen nur rund zehn Prozent der burgundischen Weinproduktion aus. Idealerweise geben sie den authentischen Charakter der Gemeinde wieder, in der die Rebstöcke stehen, übertreffen aber die Village-Weine hinsichtlich ihrer Intensität und Komplexität. Auf dem Etikett wird der Gemeindename mit dem Zusatz „1er Cru“, sowie dem Lagennamen angegeben, wie beispielsweise beim Vosne-Romanée 1er Cru Les Suchots. Fehlt der Lagenname, wie beispielsweise bei einem Volnay 1er Cru, dann ist dies ein Indiz dafür, dass das Lesegut aus mehr als nur einer einzigen 1er Cru-Lage stammt.

An der Spitze der burgundischen Qualitätshierarchie befinden sich die Grand Crus, die nur rund zwei Prozent zur burgundischen Weinproduktion beitragen. 33 Lagen haben einen Grand-Cru-Status, wenn die heute nicht mehr verwendete Grand Cru-Bezeichnung Charlemagne mitgezählt wird. Sieben Grand Crus sind für Weißweine reserviert, die restlichen für Rotwein. Jeder Grand Cru entspricht einer eigenen Appellation, weshalb der Ortsname auf dem Etikett wegfällt und nur noch der Lagenname mit dem Zusatz „Grand Cru“ auf dem Etikett erscheint, wie dies beispielsweise bei einem Clos de la Roche Grand Cru der Fall ist, wo jeder Hinweis auf die Gemeinde Morey-St.-Denis fehlt. Einige der Grand Cru-Lagen sind so großflächig, dass auf dem Etikett häufig noch der Lieu-dit zusätzlich genannt wird. So erstreckt sich die Appellation Chablis Grand Cru über 104 Hektar am rechten Ufer des Flusses Serein. In ihr werden sieben einzelne climats unterschieden, die sich durch einen wiedererkennbaren Stil auszeichnen. So sollte ein Chablis Grand Cru Les Clos stets duftiger und üppiger ausfallen als beispielsweise ein Chablis Grand Cru Bougros.

 

Résumé

Wobei beim letzten Satz die konjunktivische Flexionsform des Wörtchens „sollen“ entscheidend ist. Denn schlussendlich bleibt das Terroir ein bloßer Raum der Möglichkeit. Es kommt nicht von allein in die Flasche, sondern bedarf der Mitarbeit der Winzerin. Von ihrem önologischen Vermögen hängt es ab, ob ein Wein die erwartbare Charakteristik auch tatsächlich in Reinform zur Geltung bringt. Die Fähigkeit, dies beurteilen zu können, verlangt zugegebenermaßen ein gewisses Maß an Erfahrung und fordert oftmals selbst die Sinne professioneller Weinverkosterinnen in hohem Maße heraus. Aber der Weg zu einem reichen Erfahrungsschatz ist bei den Weinen des Burgunds mit einer Fülle einzigartiger Genussmomente gepflastert.

Auch wenn - dies kann schon jetzt prophezeit werden - Enttäuschungen nicht ausbleiben werden. Denn auch in einer legendären Weinregion wie dem Burgund gibt es weniger begabte Winzer, die ihr Handwerk nicht mit der gleichen Besessenheit, Neugierde und Liebe wie andere betreiben. Dies ist auch einer der Gründe, weshalb ein niedriger klassifizierter Wein der einen Domaine ein Vielfaches von einem Grand Cru eines anderen Winzers kosten kann. Und es verdeutlicht, warum es nicht die beste Idee ist, seine Reise in die Welt der burgundischen Weine mit einer vermeintlich günstig geschossenen Flasche einer unbekannten Domaine von einem Online-Auktionshaus zu beginnen. Ein solcher Kauf gleicht einer Lotterie mit ähnlichen Gewinnchancen. Wenden Sie sich stattdessen lieber an den Weinhandel Ihres Vertrauens.