Jurançon

„Als junges Mädchen machte ich die Bekanntschaft eines Prinzen – feurig, herrisch und heimtückisch wie alle Verführer: Jurançon“, schrieb die Schriftstellerin, Journalistin und Varietékünstlerin Colette (1873 – 1954) sichtlich beeindruckt über die Weißweine, die südlich der Stadt Pau entstehen. Und tatsächlich verführen diese Weine mit ihrer Balance von Frische und Fülle, deren Charakter jenseits aller Eintönigkeit des önologischen Mainstreams liegt.

Dass die auf den Vorläufern der Pyrenäen wachsenden Trauben ganz besondere Weine ergeben, erkannte auch schon das Parlament von Navarra, das diese Weinberge bereits im 16. Jahrhundert als besondere Weinbergslagen (Crus) definierte – einer der ersten Versuche einer geschützten Ursprungsbezeichnung. Ende der 1930er Jahre wurde das Jurançon dann als einer der ersten Bereiche AOC-klassifiziert.
 
Seitdem wachsen auf rund 1.000 Hektar zwischen 250 und 450 Metern über dem Meeresspiegel vor allem die Rebsorten Gros Manseng und Petit Manseng. Daneben sind die Sorten Courbu, Lauzet und Camaralet zugelassen. Das Klima wird vom rund 100 Kilometer entfernten Atlantik geprägt. Im Winter und Frühling ist es meist regnerisch, die Sommer sind ausgewogen, wobei die kühle Bergluft das Klima mildert und die vergleichsweise geringe Anzahl der Sonnenstunden die Frische der Weine erhält.
 
Im warmen, trockenen Herbst tritt dann jenes Ereignis ein, das die Voraussetzung für den süßen Jurançon bildet - den eigentlichen Star der Region. Von den Berggipfeln der Pyrenäen wehen warme Föhnwinde durch die steilen, zumeist terrassierten Weinberge und durchlüften diese. Nun beginnt die Passerillage. Die Petit-Manseng-Beeren beginnen am Rebstock rosinenartig zu schrumpfen, der Zuckergehalt in den Trauben konzentriert sich, wobei dies ohne Botrytis-Befall der Beeren geschieht. Die völlig gesunden, überreifen Trauben werden in mehreren Durchgängen bis in den Dezember hinein gelesen. Die daraus entstehenden Weine sind frisch, animierend und von einzigartiger Eleganz. Sie können bereits in der Jugend, wenn exotische Aromen dominieren, genossen werden. Gleichwohl haben sie ein hohes Reifepotential und entwickeln mit dem Alter verführerische Trüffelnoten.
 
Die nicht minder charaktervollen, trockenen Jurançon tragen den Zusatz „sec“ auf dem Etikett und wurden Mitte der 1970er Jahre klassifiziert.
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