Capbreton
Als im Jahr 1680 am Hofe Ludwig XIV. Orangen aus China serviert wurden, kredenzte man einen Rotwein aus Capbreton dazu. Damals waren noch über 3.500 Hektar bestockt. Und die Rebstöcke dienten nicht nur der Weinherstellung. Ihre Wurzeln halfen bei der Stabilisierung der Dünen und bildeten gemeinsam mit den örtlichen Korkeichen ein fragiles Dünenökosystem.
Aber schon als Christian Schedel in seinem 1814 erschienenen Werk Neues und vollständiges allgemeines Waaren-Lexikon oder deutliche Beschreibung aller rohen und verarbeiteten Produkte, Kunsterzeugnisse und Handelsartikel konstatierte „Der rothe Capbreton ist ein feiner und schmackhafter Wein, der dem besten Côte rotie nichts nachgibt, er hat viel Feuer, wenn er ein paar Jahre alt ist“, waren die Rebflächen auf rund 50 Hektar geschrumpft. Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts gab es in Capbreton noch rund 60 Winzer, die den Vormittag dem Fischfang widmeten und sich danach um ihre paar Rebzeilen kümmerten. Heutzutage gibt es einen letzten Weinberg mit gerade einmal fünf Hektar Fläche, der von der Domaine de la Pointe bewirtschaftet wird.
Die Gründe für diesen Rückgang sind vielgestaltig. Zuallererst ist der Weinbau im weichen Dünensand eine beschwerliche Angelegenheit. Hinzu kommt der unstete Charakter des nahen Flusses Adour: Verlief dessen Mündung einst durch Capbreton und sorgte dafür, dass die Hafenstadt als Handelsplatz prosperierte und bereits Ende des 16. Jahrhunderts rund 3.000 Einwohner hatte, suchte sich der Fluss, der heute bei Bayonne in den Atlantik mündet, immer wieder neue Zugänge zum Meer. In der Folge versandete der Hafen von Capbreton und konnte nur noch von Schiffen mit leichter Tonnage angefahren werden.
Mit der Aufforstung der Heidelandschaft im Hinterland von Capbreton durch Kaiser Napoleon III. zum größten zusammenhängenden Waldgebiet Westeuropas wurde die dünen-stabilisierende Funktion der Rebstöcke überflüssig. Und dann wurde Mitte des 19. Jahrhunderts auch noch der Mehltau aus Nordamerika eingeschleppt, der zu zahlreichen Missernten führte.
Mittlerweile gibt es wieder Wein aus Capbreton. Aber ob dieser tatsächlich „dem besten Côte Rotie nichts nachgibt“, wie dereinst Christian Schedel in seinem Waaren-Lexikon behauptete, müssen Sie selber beurteilen.