Armagnac

Als sich das Wissen um die Destillationstechniken und die Erfindung des Alambik, des Destillationshelms, im 13. Jahrhundert aus der arabischen Welt erst in Spanien verbreitete und dann über die Pyrenäen nach Südwestfrankreich gelangte, war das nötige Know how vorhanden, um den ersten französischen Weinbrand herzustellen – den Armagnac.
 
Der franziskanische Theologe Vital du Four mag folglich an ihn gedacht haben, als er in seinem um 1310 entstandenen entstandenen Sammelwerk Liber selectiorum remediorum pro conservanda sanitate ad totius corporos humani morbos die medizinisch wertvollen Wirkungen des Aqua ardens, des aus Wein destillierten Alkohols, beschrieb: er verbessere das Wohlbefinden, mildere Zahnschmerzen und seelische Pein, und er befördere den Mut. Wegen der letztgenannten Wirkung trägt die für ihren beispiellosen Mut gerühmte Jeanne d’Arc den Beinamen l’Armagnacaise. Und dies, obwohl sie gar nicht, wie der Armagnac, aus der Gascogne stammt.
 
Dass der Umstand, der historisch Erste zu sein, nicht gleichbedeutend mit dem Grad der Prominenz ist, zeigt die Popularität des Cognacs, in dessen Schatten der Armagnac bis heute steht. Die Ursachen dafür sind vielgestaltig, mögen aber vor allem darin gründen, dass der zweimal gebrannte Cognac bereits deutlich früher zugänglich ist als der deutlich robustere, nur einmal im Column-Still-Verfahren gebrannte Armagnac. Und während Cognac zum Großteil aus dem recht neutralen Ugni blanc gewonnen wird, werden beim Armagnac zudem weit charaktervollere Rebsorten verwendet.
 
Zu nennen wären - neben Ugni Blanc - die Folle Blanche, die zarte florale und Fruchtnoten zum Armagnac beisteuert. Die Colombard, die für eine leichte Kräuterwürze sorgt. Und last but not least die Baco 22A.
 
Bei dieser Rebe handelt es sich nicht um eine reine Vinifera-Sorte, sondern um eine Hybridsorte, die aus der europäischen Folle blanche und der amerikanischen Noah gekreuzt wurde. Nachdem die Reblaus in den 1870er Jahren weite Rebflächen in der Gascogne zerstört hatte, wurden zahlreiche Weinberge mit der Baco 22A aufgestockt, die die Winzer vor allem wegen ihrer Resistenz gegen Fäule und Mehltau schätzten. Sie sorgt für Fülle und opulente Fruchtigkeit.
 
Als in den 1990er Jahren der Anbau von Hybridrebsorten verboten werden sollte, ging ein Aufschrei durch das Armagnac-Gebiet. Weshalb eine Ausnahmeregelung erlassen wurde, die nur hier den Anbau von Hybridrebsorten erlaubte.
 
Doch ganz unabhängig von der Rebsorte wird der Armagnac erst durch die lange Reife in Eichenholzfässern zu dem was ist: der rustikalere, kantigere, duftendere, körperreichere große Bruder des weitaus berühmteren Cognac.


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